Lager huckepack eingeschoben

Einzigartige Kombination aus Lagern und Dämpfern für Eisenbahnbrücke.

Jauntalbrücke über die Drau während des Ein- und Ausschubs im März 2023

Jauntalbrücke, Kärnten. Die neue Eisenbahnbrücke über die Drau in Kärnten funktioniert künftig mit einer einzigartigen Kombination aus Gleitpendellagern und Bremsdämpfern. Bei langsamen und kontinuierlichen Bewegungen gleitet das Tragwerk nahezu widerstandsfrei über die Lager. Wenn ein Zug bremst oder anfährt, halten spezielle Bremsdämpfer die Brücke fest. Die rückzentrierenden Gleitpendellager lassen die Brücke anschließend wieder in die ursprüngliche Position zurückgleiten. Diese besondere Kombination wurde von MAURER als Systemlösung vorgeschlagen.

Die Jauntalbrücke wird im Zuge des Baus der Koralmbahn modernisiert und ein zweites Gleis verlegt. Die 96 m hohe und 430 m lange Bahnbrücke über die Drau ist eine der höchsten Eisenbahnbrücken Europas und wird Ende 2023 wieder in Betrieb gehen.

Das neue Verbundtragwerk hat oben zwei Gleise und darunter einen Geh- und Radweg. Erhalten blieben die bereits 1961 errichteten zwei Hang- und zwei Flusspfeiler. Voruntersuchungen ergaben, dass sie – nach geringen Instandsetzungsmaßnahmen – zur vertikalen Lastabtragung weiterverwendet werden können. Allerdings dürfen sie zur horizontalen Lastabtragung aus Bremsen und Anfahren nicht herangezogen werden.

Hier konnte MAURER seine Expertise im Bauwerksschutz in das Projekt einbringen und entwickelte zusammen mit den Beteiligten ein einzigartiges Gesamtpaket aus rückzentrierenden Brückenlagern (Gleitpendellagern SIP®) und schnellwirksamen Bremsdämpfern (Shock Transmission Units STU). Alle Lager und Dämpfer erfüllen die geforderte technische Nutzungsdauer von mindestens 50 Jahren und eine geringstmögliche Gleitreibungszahl von max. 2 %. Die Stahlkonstruktion der neuen Brücke wurde in drei Segmenten vor Ort am Vormontageplatz gefertigt. Das erste Segment wurde dann an die bestehende Brücke gekoppelt. So wurde die neue Brücke segmentweise ein- und die alte Brücke längs ausgeschoben.

Feines Zusammenspiel
Das neue Lagerungssystem in Längsrichtung erforderte eine gesamthafte Betrachtung und akkurate Abstimmung der wesentlichen Komponenten des Horizontalsystems der Brücke: Gleitpendellager, Bremsdämpfer und Fahrbahnübergangskonstruktionen. Die Tragwerkslängsverschiebungen aus den monoton und allmählich anwachsenden Belastungszuständen (z. B. konstante Temperaturänderung im Tragwerk) müssen ohne nennenswerten Widerstand und ohne signifikante Antwortkraft im Bremsdämpfer erfolgen. Gleichzeitig müssen bei stoßartigen Brems- und Anfahrvorgängen die Tragwerkslängsbewegungen verhindert werden. Das gelingt durch schnellwirksame Bremsdämpfer im Widerlagerbereich, welche die Brems- und Anfahrkräfte in die Widerlager und das Erdreich weiterleiten.

Rückzentrierende Gleitpendellager
Eingebaut wurden je Pfeiler zwei Gleitpendellager SIP® (Sliding Isolation Pendulum)und je Widerlager zwei Kalottenlager mit einer ebenen Gleitfläche. Gleitpendellager besitzen eine für den konkreten Anwendungsfall gezielt gewählte und abgestimmte gekrümmte Gleitebene. Diese Krümmung erzeugt einen Rückzentrierungseffekt und ermöglicht dem System, nach einer Auslenkung wieder in die Ausgangslage zurückzugleiten. Mit dieser schwimmenden Lagerung richtet sich die Brücke immer automatisch zentrisch aus.

Geringstmögliche Reibungskennzahlen
Besonders wichtig war, dass alle Lager geringstmögliche Reibungskennzahlen aufweisen, damit die historischen Pfeiler so gering wie möglich beansprucht werden. Um die Qualitätsanforderungen hinsichtlich der hohen Gleit- und Tragfähigkeit sowie der langen technischen Nutzungsdauer von 50 Jahren erfüllen zu können, wurden alle Lager mit verschleißfreien Gleitwerkstoffen MSM® (MAURER Sliding Material) in Kombination mit korrosionsbeständigen Kalotten MSA® (MAURER Sliding Alloy) ausgestattet. Für Auflasten von bis zu 52 MN konnten verhältnismäßig kompakte Lager mit einem Gewicht von bis zu 2.500 kg und Abmessungen von bis zu 1.300 x 1.234 mm bemessen und konstruiert werden.

Für den Einbau wurden die SIP®-Lager aufs Tragwerk gelegt und mit dem Einschub zu den jeweiligen Pfeilern verfrachtet. Nachdem die neue Brücke komplett eingeschoben worden war, wurden die Lager mit Hilfe spezieller Rüstträger nach unten zur Einbaustelle abgelassen und in die Lagersockel eingebaut. Das Ausrichten und Absenken des Tragwerks sowie die Umlagerung auf die definitiven Kalotten- und Gleitpendellager erfolgten im Mai 2023.

Die Dämpfer und Fahrbahnübergangskonstruktionen an den beiden Brückenenden werden im Sommer 2023 eingebaut. In Betrieb genommen werden soll die Brücke mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2023.

„Die Realisierung solch innovativer Ideen erfordert hohe Umsetzungskompetenz und Verantwortung“, betont Dr. Saeed KARIMI, Niederlassungsleiter von MAURER in Österreich. „Für die Realisierung dieses anspruchsvollen Projektes bedanken wir uns deshalb auch bei allen Partnern.“ Im Einzelnen waren das:

  • Bauherr: ÖBB Infrastruktur AG
  • Tragwerksplaner: KOB ZT GmbH
  • Unterbauplaner: ZKP ZT GmbH
  • Prüfergemeinschaft: KMP ZT GmbH & Baumann + Obholzer ZT GmbH
  • Bauausführung: ARGE Jauntalbrücke (SWIETELSKY AG und Donges SteelTec GmbH)

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