Sonderlager für die Halfway River Bridge in Kanada

Feste Kalottenlager sind in der Bauphase längsbeweglich

Fort St. John, Kanada. Kalottenlager sind in Kanada kaum verbreitet. Doch hohe Auflasten, eine große Temperaturdifferenz und ungewöhnliche Herausforderungen in der Bauphase führten dazu, dass MAURER modifizierte MSM® Kalottenlager für die 1 km lange Halfway River Bridge entwickelte. Die Besonderheit ist, dass die Lager fest sind, aber während der Einbauphase in Brückenlängsrichtung beweglich bleiben mussten.

Der Halfway River ist ein Nebenfluss des Peace River im Nordosten der kanadischen Provinz British Columbia. Der Highway 29 schlängelt sich teilweise am Fluss entlang, als viel befahrene Überlandstraße von Hudson's Hope nach Fort St. John. Etwa 45 km nördlich von Fort St. John überquert der Highway den Fluss auf einer 40 m „langen“ Brücke.

Doch der Peace River und mit ihm der Halfway River werden künftig ein 83 Kilometer langer Stausee sein, an der Brücke wird der Wasserpegel um 30 bis 40 m steigen. Deshalb wird der 3,7 km lange Straßenabschnitt hochverlegt und etwa 200 m nördlich der heutigen Brücke entsteht die neue, gut 1 km lange Halfway River Bridge, eines der größten Brückenbauwerke in Kanada.

Festhalten und gleichzeitig beweglich lassen
Die neue Brücke hat 12 Pfeiler, die Herausforderung liegt bei den mittleren 6 Pfeilern mit je 3 Lagern. Diese 18 Lager sind Festlager, die nur Rotationen zulassen sollen. Die Lastabtragung erfolgt über die 50 m hohen Pfeiler, das heißt: Wenn die Brücke sich in Längsrichtung bewegt, z.B. infolge der deutlichen Temperaturschwankungen (-42 bis +40 °C vor Ort), dann verschieben sich nicht die Gleitlager, sondern die Pfeiler biegen sich um einige Zentimeter. Die Pfeiler wurden deshalb relativ schlank konstruiert, unten mit einem Durchmesser von nur 5 m. Das ermöglicht die nötige Elastizität.

Praktisch hat die Brücke also eine Reihe von Festpunkten in der Mitte. Über jedes Lager läuft ein Stahlträger in Brückenlängsrichtung und auf den drei parallelen Stahlträgern liegen armierte Betonpatten. In diese Betonschalungen wird der Fahrbahnbeton gegossen.

Wie macht man das fest?
Die Herausforderung war nun: Wie werden die Stahlträger mit den Festlagern verbunden? Denn tägliche Temperaturschwankungen von 20 °C und mehr sind vor Ort die Regel, entsprechend deutlich verändern die Stahlträger ständig ihre Länge. Wann und wie werden diese Träger also mit den Lagern verbunden? Überlegungen, die Pfeiler entsprechend „hinzubiegen“, erwiesen sich als nicht praktikabel. „MAURER war in den gesamten Prozess der Detailplanung für die Träger eingebunden“, berichtet Dr. Ing. Christian Guckel, COO von MAURER Canada. Verschiedene Optionen wurden unter technischen und wirtschaftlichen Aspekten evaluiert und die beste Lösung mit dem Kunden abgestimmt.

Als Lösung entwickelte MAURER eine zusätzliche Gleitfläche unter den Lagern. Für diese Gleitfläche gibt es an allen Seiten Festhaltebleche, doch montiert wurden anfangs nur die äußeren, um Querbewegungen auszuschließen. In Längsrichtung können sich die Träger mitsamt dem Kalottenlager in der Bauphase bewegen. Am Ende der Brückeninstallation werden dann auch die stirnseitigen Festhaltebleche festgeschraubt, bei einer vorausberechneten Temperatur von 5 °C.

Für den Lastabtrag war zudem wichtig, dass er sich technisch exakt darstellen lässt – und hier kamen die Kalottenlager ins Spiel.

Kalottenlager für hohe Beanspruchung
Kalottenlager sind Gleitlager, die beliebige Verdrehungen in alle Richtungen ohne merklichen Widerstand über eine innere sphärische Kalotte aufnehmen. Sie können somit große Kräfte zwängungsfrei vom Brückendeck in den Unterbau übertragen – und: Im Vergleich zu den in Kanada bisher üblichen Topflagern lässt sich für Kalottenlager viel besser vorhersagen, wie sie sich verhalten. „MAURER ist seit fast 50 Jahren Marktführer in der Konstruktion und Fertigung von Kalottenlagern“, erklärt Christian Guckel. „Seit wir in Kanada aktiv sind, werden Kalottenlager und deren Vorteile bekannt. Bei der Halfway River Bridge mit ihren hohen Beanspruchungen konnten wir mit Kalottenlagern als beste Möglichkeit überzeugen.“ Letztlich ging es darum, die Lager für die Brücke zu spezifizieren. Dabei spielte auch der patentierte Gleitwerkstoff MSM® eine Rolle.

MSM® praktisch ohne Verschleiß
Der Anwendungsbereich von MSM® (MAURER Sliding Material) reicht von -50 °C bis +70 °C – ein erstes entscheidendes Argument für den Standort. Im Vergleich zum herkömmlichen Gleitmaterial (PTFE) hält MSM® zudem mindestens doppelte Pressungen aus, bis 180 MPa (anstatt 90 MPa für klassisches PTFE). Da die Brücke künftig in einem Stausee steht, war zudem die hohe Lebensdauer wichtig: MSM® hat praktisch keinen Verschleiß und wird deshalb nicht ausgetauscht werden müssen, solange die Brücke selbst funktionstüchtig ist.

Große Ankerplatten ohne Lufteinschlüsse setzen
Eingebaut wurden die insgesamt 42 MSM®-Kalottenlager im November/Dezember 2020. Sie haben einen Durchmesser von 520 mm und übertragen bis zu 6.780 kN Auflast. Da derartige Lager in Kanada praktisch nicht bekannt sind, waren MAURER-Monteure aus München vor Ort, um die Montage-Crew anzulernen.

Kritisch war dabei das exakte Setzen der Ankerplatten, denn durch die zusätzliche Gleitfläche und ihre Befestigungen waren sie mit 1.160 mm ungewöhnlich lang im Vergleich zur ursprünglichen Planung. Die Ankerplatten wurden jeweils zuerst gesetzt und dann untergossen. „Wir haben in Vorversuchen mit dem entsprechenden Beton gezeigt, dass mit diesem Verfahren so gut wie keine Hohlräume unter den Ankerplatten entstehen“, erklärt Guckel. Etwaige Lufteinschlüsse würden eine ungleichmäßige Lastverteilung verursachen.

Baubeginn für die Halfway River Bridge war im März 2020, im Mai 2021 erfolgte die Endabnahme der Brückenlager. Der insgesamt 3,7 km lange Highway-Abschnitt, zu dem die Brücke gehört, soll im Herbst 2022 fertig sein. Auftraggeber ist das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, Auftragnehmer das Eiffage-Infracon Halfway River Joint Venture. Wichtig war für Eiffage über das ganze Brückenlagerprojekt hinweg ein schneller und kompetenter technischer Support. „Wir hatten das erste große Projekt mit Kalottenlagern in Kanada und dann auch gleich noch eines außerhalb der Norm – da war eine konstruktive Zusammenarbeitet unbedingt wichtig“, betont Guckel.

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